Wohnungspsychologie zwischen Ost und West:

Die chinesische Lehre des Feng ShuiHarmonie sucht und predigt zwischen Mensch und Umgebung sucht. Eine gute Idee, diese Harmonie! Alle wollen Harmonie in ihrem Sinne - am Arbeitsplatz die Ruhe vom Chef, auf der Autobahn den Platz zum alleinigen, ungehinderten Fahren und zu Hause eben die Sicherheit, das Leben richtig eingerichtet zu haben.
 
Was Feng Shui, eine Form der Esoterik im Alltag, harmoniert und noch so alles kann:
  • Hausecken, die bei richtiger Benützung die Börsen der Bewohner füllen, wo Arbeit ganz automatisch das Bankkonto erhöht.
  • Meister des Feng-Shui wissen von astrologischen Kräften, welche die persönliche Energie für das ganze Leben festlegen. Kräfte, die es eben richtig einzusetzen gibt. Der Einsatz ist hoch: Glück im eigenen Leben.
  • Mobile aus Glas hängen in fengshuiverbesserten Wohnungen. Diese luftigen Dinger von der Decke sollen verstockte Energie auflösen, quasi unerzogene, noch pubertierende Energie.
  • Anhänger dieser alten Lehre zahlen (hoffentlich aus ihren Arbeitsecken heraus, da füllt sich das Bankkont schnell wieder auf) viel Geld  für exakte Vorgaben betreffend die richtigen, das heißt harmonische Anordnung von Fenstern, Türen und Treppen.
    Diese Followers, wie man heute sagen würde, zahlen viel Geld dafür, um Geister fernzuhalten. Ja, Geister! Ja, im 21. Jahrhundert! Ja, hier in Mitteleuropa!

Dieser letzte Punkt erhellt die Ursprünge von Feng Shui. Hier offenbart sich glasklar, was jetzt noch an Gedanken hinter diesem Schummbrumm liegt. Eine ursprüngliche Anwendung des Feng Shui war das Errichten von Grabstätten gewesen. Den Geistern der Verstorbenen sollte es in der Erde gut gehen. Auf dass sie dort bleiben und die Lebenden in Ruhe lassen!
 
Feng-Shui Gründer lebten 4000 Jahre vor unserer Zeit. Unseren zumeist dämonenverängstigten Ahnen war es nicht anders ergangen. Damals. Uns smartphonebepackten Verstandesmenschen auch noch? Scheint so.

 

Myanmar: Tempel am Irrawaddy, dem Hauptfluss Burmas 

Die Umgebung beeinflusst ohne Zweifel Sein und Wohlbefinden des Menschen. Um so mehr, wenn er oder sie sich lang in dieser Umgebung aufhält, wie es bei Wohnungen und Häusern der Fall ist. Dass  unsere analytische Kultur diesen einfachen Zusammenhang aus dem Auge verloren hat, ist  richtig.
 
 
Aber deswegen im esoterischen Supermarkt eine teure, vorwissenschaftliche Anschauung einkaufen? Samt den darin eingepackten Dämonen nach Hause schleppen? Bitte umschauen – in seriösen Shops mit lebensnahen Wissenschaften finden Sie die Wohnungspsychologie. Das Fach basiert auf mühsam erarbeitetem Wissen. Es bietet Hinweise für individuell passendes Wohnen ohne spirituellen Schnickschnack.
 
 
Fernöstliche Esoterik-Fans ziehen tiefe Wahrheiten aus einem Wort  (zum Beispiel aus einem chinesischem Bildzeichen) und basteln daraus eine (manchmal simple) Gebrauchsanweisung. Wie zu leben in der jetzigen Welt. Wie mit der komplexen, dynamisch sich verändernden Umwelt auszukommen. Es wirkt vielleicht sogar. Subjektiv. Als Placebo. Als therapeutische Illusion, wie es in den psychologischen Medizinwissenschaften heißt.
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Hm, vielleicht schaffen wir oberflächliche Westler das auch: Die indogermanische Wurzel *bheu = „entstehen, wachsen, sein, wohnen“ findet sich im Wort bauen wieder. Sie weist auf Werdendes. Bauen zeigt ein Zukünftiges, das nur gedeihen kann, wenn es sich dynamisch an seine Umgebung anpasst. So wie alles Leben das leisten muss. Gelingt dieses Wachsen, hat der Mensch etwas gewonnen. Und wohnt zufrieden. Dies ist mehr als ein zufälliges Wortspiel: wohnen gehört tatsächlich zur Wortfamilie gewinnen.
 
 
 
Wozu nun das Wühlen in der Sprache? Was bringt diese Bedeutungssuche für den Alltag? Zum Beispiel die praktische Einsicht, dass viele Wohnungssuchende Elementares nicht beachten. Suchende achten auf Größe und Zahl der Räume und nur begrenzt auf die örtliche Lage. Noch weniger Wert wird auf Infrastruktur gelegt: Wie komme ich nach Hause und wieder zur Arbeit? Was und wann kann ich in der Nähe einkaufen?
 
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Noch seltener wird die soziale Einbettung beachtet. Wer ist mein Nachbar und wie verhält er sich? Wo finde ich Freunde? Wie weit sind Kindergarten, Schule, Sportplatz und Grünanlagen entfernt? Wohnen endet NICHT an der Wohnungstür. Die Wohnung als Kapsel aufzufassen und zu gestalten, führt zu Isolation und unterschwelligem Unbehagen.
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Der Mensch lebt zwar körperlich jahrein, jahraus in solchen kalten Kapseln - wohnen aber, das tut er dort nicht.
 
 
Reinhard Neumeier 

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Zu diesem Essay erhielt ich folgende Reaktion:

"Ich bin über Ihren Feng Shui Artikel gestolpert ;-) Sie haben selbstverständlich Recht, Geldbäume, Kristalle und Sonstiges sind natürlich absoluter Quatsch. Das sogenannte westliche Feng Shui oder auch New Age Fengshui bzw. 3 Türen Bagua wurde in den frühen 80ern in Nordamerika entwickelt. Ziel war es eine simple Gebrauchsanweisungen zu geben, ohne sich tiefer in die Materie einarbeiten zu müssen. Dies war der Grundstein für viel Eso-Tand.

Im klassischen Feng Shui kennt man weder Kristalle noch westliches oder östliches Deko-Material. Dort geht es ganz alleine darum die Energieströme innerhalb eines Hauses so zu lenken, dass die Energiequalitäten optimal auf die Bewohner abgestimmt sind. Dadurch entsteht einerseits optimales Wohlbefinden und darüber hinaus aktive Unterstützung der Gesundheit und die Förderung privater Lebensziele.

Dies gibt den Menschen die Kraft zu tun, was sie tun wollen und macht sie fit für den Alltag. Es ist also schlicht und einfach eine große Chance, sein Leben zu verbessern. Eine Chance und ein Weg von mehreren möglichen Wegen."

R. L., Baubiologin & Dipl. Imperial Feng Shui Beraterin, 5. März 2009